
Process Mining als Basis für die End-2-End Prozessoptimierung – 5 Phasen für eine erfolgreiche Umsetzung
In unserem letzten Blogbeitrag („Wie Process Mining das Prozessmanagement in Banken und Versicherungen revolutionieren kann“) haben wir erklärt, wie Process Mining Prozesse in Banken und Versicherungen optimieren kann und welche enormen Potentiale darin für die Finanzbranche stecken. Mit diesem Beitrag möchten wir nun einen Schritt weiter gehen und aufzeigen, wie bei der Einführung von Process Mining vorgegangen und welche Schritte berücksichtigt werden sollten, um erfolgreiche Process Mining Projekte umzusetzen.
1. Define – Am Anfang bereits das Ende im Blick haben
- Standardisierung der Prozesse/Reduzierung der Prozessvarianz
- Reduzierung von Durchlaufzeiten und Liegezeiten
- Vermeidung von Prozessschleifen
- …
und der zu untersuchenden Fragestellungen:
- welchen Einfluss auf die Prozessgüte hat die Beteiligung bestimmter Einheiten?
- welchen Einfluss hat das Vorkommen bestimmter Ereignisse und Konstellationen?
- welche Benchmarks und Bandbreiten bezüglich der Bearbeitungszeiten sind zu definieren?
- …
definieren den Untersuchungsumfang. Der Datenbedarf orientiert sich zudem an der Granularität des definierten Problems. Das bedeutet, dass für die End-2-End Betrachtung eines Prozesses über verschiedene Einheiten möglicherweise andere Daten entscheidend sind als für die Untersuchung eines sehr spezifischen und in sich abgeschlossenen Prozessabschnittes.
2. Pre-Processing & Transformation – Datenvorbereitung, -transformation und -import
Die bereitgestellten Daten müssen nun für das Process Mining Tool in eine interpretierbare Form gebracht werden. Hierfür gibt es eine Mindestanforderung von drei Datenfeldern:
- einen Primärschlüssel zur Differenzierung von Fällen (Case ID)
- eine Aktivitätsbezeichnung für jeden durchgeführten Schritt (Event)
- einen Zeitstempel, wann die Aktivität begonnen wurde (zur Herstellung der korrekten Abfolge der Aktivitäten und Berechnung von Durchlaufzeiten)
In Abhängigkeit der vorher definierten Fragestellungen empfiehlt es sich jedoch, den Datensatz zusätzlich anzureichern, um die relevanten Analysen fahren zu können und Sinnzusammenhänge herzustellen. So ist beispielsweise für die Differenzierung der Durchlauzeiten in Bearbeitungs- und Liegezeiten ein weiterer Zeitstempel nötig, um den Endzeitpunkt der Aktivität bestimmen zu können. Falls Zusammenhänge mit den beteiligten Einheiten, den verwendeten Programmen/Ressourcen oder weiteren Attributen Ziel der Untersuchung ist, müssen diese Daten ebenfalls angereichert werden. Für die Transformation und den Datenimport gibt es wiederum diverse Transformationstools, die in Abhängigkeit der bereitgestellten Datenquelle zum Einsatz kommen – je nachdem, ob lokale Dateien (z. B. .csv), Datenbanken (z. B. Oracle) oder Systemschnittstellen (z. B. SAP) bereitgestellt werden.
3. Data Validation – die Analyse auf eine solide Basis stellen
Nach Import der Daten in das Process Mining Tool wird das Prozessmodell automatisch erstellt (Play In) und der Prozessablauf visualisiert. Hier gibt es die Möglichkeit verschiedene Granularitäten darzustellen. Danach erfolgt gemeinsam mit dem Process-Owner die Validierung der ausgewerteten und visualisierten Prozessdaten. Hierbei soll sichergestellt werden, dass die Software die Daten richtig interpretiert, keine Datenlücken vorhanden sind und die ausgewerteten Daten mit der Wahrnehmung der Prozessbeteiligten in Einklang gebracht werden können. Dies ist wichtig, um in der Organisation Vertrauen und Akzeptanz in spätere Analyseergebnisse zu schaffen und damit die daraus angestoßenen Optimierungsmaßnahmen vollumfänglich umzusetzen.
4. Datenanalyse – die Ergebnistypen mit Inhalt füllen
Das Kernstück von Process Mining Projekten bildet Phase 4: die Datenanalyse. Diese dient dazu, die in der Define-Phase festgelegten Fragestellungen genauer zu untersuchen, Hypothesen zu prüfen und die Ergebnistypen zu konkretisieren. Typischerweise beginnt die Analysephase mit einer sogenannten Process Discovery. Hier werden anhand der visuellen Aufbereitung des Prozessablaufs in all seinen Varianten, aber auch mithilfe von geeigneten Kennzahlen, die Schwachstellen im Prozess
offengelegt. Je mehr Attribute die verwendeten Daten enthalten (z. B. Kategorien, Ressourcen etc.), desto genauer lassen sich die prozessualen Probleme verorten. Eine übliche Process Mining Software erlaubt es darüber hinaus, einen Sollprozess vorzugeben und die Abweichungen der verschiedenen Varianten des Ist-Prozesses transparent zu machen (Conformance Check). Dient dies der Prüfung der Einhaltung regularischer Vorgaben, spricht man auch von einer Compliance Analysis. Eines der nützlichsten Elemente der Analyse ist außerdem die Root Cause Analysis, welche Ursachen potentieller Schwachstellen im Prozess aufdeckt. Beispielsweise können so Korrelationen zwischen bestimmten Merkmalen und den definierten Kennzahlen genutzt werden, um Treiber für Ineffizienz herauszufinden (z.B. Cases der Kategorie A haben besonders viele Prozessschleifen oder eine besonder lange mittlere Durchlaufzeit).
5. Ableitung & Umsetzung von Maßnahmen – Verstetigung im Sinne des Prozessmanagements
Nach Abschluss der Initialanalyse werden die Ergebnisse den Stakeholdern üblicherweise über interaktive Dashboards zugänglich gemacht oder in Workshops zum datenbasierten Value Stream Mapping eingesetzt. Auf diese Weise werden Optimierungsmaßnahmen definiert, welche im besten Fall die klassischen Ergebnistypen (Standardisierung der Prozesse, Reduzierung von Durchlaufzeiten, Vermeidung von Prozessschleifen etc.) zur Folge haben. Die Erreichung dieser Ziele wird wiederum mithilfe von Process Mining nachgehalten. Falls also neue Optimierungsansätze im Prozess identifiziert werden, kann auf diese Weise ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess in Gang gesetzt werden.
