Was in der Industrie bereits seit Jahren als Standard gilt, ist bei Banken und Versicherungen noch immer Neuland: Process Mining. Der Datenberg wird immer größer, aber keiner weiß, wie er richtig zu bezwingen ist. Dabei bieten diese ungenutzten Daten ein enormes Potenzial. Richtig ausgewertet, helfen sie nicht nur dabei Prozesse zu optimieren, sondern auch Effizienzen zu steigern und Kosten zu senken – was sich langfristig auch positiv auf die Kundenzufriedenheit auswirkt.
In diesem Blog-Artikel möchten wir daher darauf eingehen, wie das Process Mining die Erstellung einer klassischen Wertstromanalyse vereinfacht und diese zum Teil auch automatisiert. Zudem erklären wir, was diese Ergebnisse für den Anwender bedeuten und wie passende Prozesskennzahlen automatisiert generiert werden können.
Die Vorteile einer automatisierten Wertstromanalyse
Das Ziel der Wertstromanalyse ist eine End-to-End Prozessdarstellung mit allen für den Prozess relevanten Parametern inklusive Durchlaufzeiten, Bearbeitungszeiten und die Abfolge der Prozessschritte. Dadurch kann die Wertschöpfung (added value) im Prozess identifiziert und Schwachstellen aufgedeckt werden, was später wichtig für eine einheitliche Optimierung des Gesamtprozesses ist. Mit Hilfe des Process Minings werden nun all relevanten Prozessparameter und -informationen (insbesondere ein Protokoll aller Aktionen, die zu einem Vorgang gehören) direkt aus den beteiligten Systemen (z.B. ERP-Systeme) exportiert und im sogenannten Event-Log an die Process Mining Software übergeben. Was früher also mit Prozessinterviews und Vor-Ort-Begehungen inklusive Strichlisten und Stoppuhr erledigt wurde, ist in Zeiten von Big Data quasi automatisiert möglich. Mit der richtigen Process Mining Software können die gewonnen Systemdaten einfacher „gemapped“ und somit visualisiert, bzw. ausgewertet werden. Dies wiederum hilft dabei Prozessschwachstellen, wie beispielsweise Prozessschleifen, hohe Liegezeiten oder auch stark schwankende Bearbeitungszeiten zu identifizieren und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung abzuleiten.
Prozessschwachstellen und Bearbeitungsschleifen identifizieren
Für den Anwender im Process Mining bedeuten die große Datengrundlage und die damit verbundenen, intuitiven Auswertungsmöglichkeiten eine Vielzahl an nützlichen Ergebnissen für die Prozessoptimierung:
- Den optimalen Prozess identifizieren: Die Process Mining Software erkennt, welche Schritte bei der Bearbeitung einer Entität (Vorgang) in jedem Fall durchlaufen werden. Dadurch kann ein optimaler Bearbeitungspfad identifiziert werden, welcher als Prozessstandard, bzw. als Prozess-Referenzmodell festgelegt wird.
- Prozessschleifen erkennen: Durch die Case-bezogenen Event-Log Daten können Abweichungen zum Idealprozess erkannt werden (Bearbeitungsschleifen, wie beispielsweise die Rückgabe eines Kreditantrages an Marktmitarbeiter). Mittels zusätzlicher Prozessinformationen in der Auswertung, wie die Art des Kreditantrages oder dem Einreicher, können zudem Muster in diesen Abweichungen erkannt und für die Optimierung herangezogen werden. Denn nach dem Pareto-Prinzip bedeutet bereits die Reduzierung weniger Prozessschleifen, welche jedoch am häufigsten Durchlaufen werden, eine große Effizienzsteigerung.
- Bandbreiten in der Bearbeitungszeit aufdecken: Im Event-Log ist jeder Bearbeitungsschritt und somit jedes Event mit Bearbeitungszeiten hinterlegt. Dadurch können bei der Auswertung auffällige Abweichungen vom Mittelwert identifiziert werden. Große Schwankungen, insbesondere bei Prozessschritten mit einer hohen, durchschnittlichen Bearbeitungszeit, weisen dabei auf einen wenig standardisierten Prozess hin. So kann die Prüfung der Auszahlungsvoraussetzungen eines Kredites zwischen wenigen Minuten und einer Stunde betragen. Die minimale Bearbeitungszeit für einen Prozess bzw. Prozessschritt wird dann als zukünftiger „Benchmark-Wert“ definiert.
- Liegezeiten identifizieren: Im Event-Log sind neben den Bearbeitungszeiten der einzelnen Events auch die dazugehörigen Liegezeiten ersichtlich. Diese können sich in einem Kreditprozess auf mehrere Tage oder sogar Wochen belaufen. Lange Liegezeiten sind dabei ein Hinweis auf fehlende Klarheit der Zuständigkeiten oder zu viele Schnittstellen oder Systembrüche im Prozess.
Kennzahlen automatisiert generieren
Neben der Identifikation von Prozessschwachstellen bietet das Process Mining auch interessante Möglichkeiten für die Erstellung aussagefähiger Prozesskennzahlen. Dafür wird der Event-Log in regelmäßigen Abständen an die Process Mining Software übergeben, was mittels automatisierter Prozessschnittstellen abgebildet werden kann. Veränderungen der Prozessparameter können somit transparent gemacht und mögliche Optimierungs-Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Typische Kennzahlen sind beispielsweise die Durchlaufzeit für einen Bearbeitungstyp, das Verhältnis der Durchlaufzeit zur Bearbeitungszeit (Activity Ratio) und die Anzahl der Entitäten, die ohne Prozessschleifen und Unterbrechungen den optimalen Bearbeitungs-Pfad durchlaufen haben (First Pass Yield).
Bei weiterem Interesse zum Thema Process Mining im Rahmen der Prozessoptimierung melden Sie sich gerne bei uns.